Klima, Kollaps, Kommunikation

Perspektiven auf das Climate Endgame

Ein Artikel von Thomas Köhler

Zukunftsdiskurse im Climate Endgame

Potentiale reduktivistischer Doomsday-Narrative für die transformative Forschung und die Klimakommunikation

Einleitung

Nach etlichen Vorarbeiten ist 2022 von renommierten Wissenschaftler*innen der Aufsatz zum Climate Endgame veröffentlicht worden, in dem es darum geht, mehr Aufmerksamkeit auf Worst-Case-Szenarien (WCS) zu lenken und dabei Verläufe bis hin zum Massenartensterben, ja sogar zum Ende der Menschheit für möglich zu halten, eine entsprechende Forschungsagenda zu starten und auch für verantwortungsvolle, aber aufrüttelnde öffentliche Kommunikation zu sorgen, da das Endgame die letzte Möglichkeit darstellt, um die zwar noch nicht sehr wahrscheinlichen, aber immer wahrscheinlicher werdenden fatalen WCS-Zukünfte doch noch zu verhindern.[1] 

Welche Bedeutung sollte dem Climate Endgame als Forschungsansatz, politische Gedankenfigur oder alltagspraktisch relevantes Narrativ für unsere Zukunftsdiskurse zukommen? Dieser Frage sind wir in unserem vom NMWK geförderten Projekt nachgegangen. Wir sind dabei zunächst mit Wissenschaftler*innen aus Niedersachsen, dann auch überregional in Endgame-Gespräche eingestiegen. Im nächsten Schritt wurden Akteure aus anderen Bereichen, insbes. Landes- und Kommunalverwaltung, Politik und Wirtschaft, Medien und aktivistischen Gruppen in den Zukunftsdiskurs mit Bezug auf das Climate Endgame hereingeholt. Unser Projekt hatte sich vorgenommen, die wissenschaftliche Climate-Endgame-Forschungsagenda, die in dem Paper skizziert wurde, zu nutzen, um entsprechend ernsthafte Debatten daraus abzuleiten. Wir verstehen das Paper als wichtigen, vielleicht sogar überlebenswichtigen Teil eines Zukunftsdiskurses, der keineswegs nur ein akademisches Projekt bleiben darf. Der Endgame-Zukunftsdiskurs ist schon jetzt einflussreich, für viele aus Wissenschaft und Aktivismus lebensbestimmend und es wäre äußerst fahrlässig, ihn nicht aktiv aufzunehmen und mitzugestalten. Dabei positioniert sich die Climate-Endgame-Agenda, so wie wir sie im Projekt verstehen wollten, ganz eindeutig als Einsatz in einen Kampf, den nicht zu führen oder gar zu verlieren wir uns nicht leisten können. Gleichzeitig ist, und das ist wesentlicher Teil dieser Agenda, davon auszugehen, dass eine nach wie vor optimistisch, sogar frisch-fröhlich auftretende Nachhaltigkeitspolitik, die primär auf einladende Anreize und positives Denken setzt, Augenwischerei war und ist. 

Schon vor über einem Jahrzehnt habe ich selbst als NGO-Aktivist aus der Transition-Bewegung zusammen mit vielen anderen aus dem Feld der Bewegungsakteur*innen immer wieder betont, wir hätten nun vielleicht noch zehn Jahre Zeit, um das Umsteuern zu organisieren. Diese Zeit ist demnach abgelaufen. Gewiss ist auch einiges passiert, die Erneuerbaren haben Fortschritte gemacht, aber tatsächlich umgesteuert in einem auch nur halbwegs ausreichenden Ausmaß wurde nicht, wir stecken fest in der „Nachhaltigen Nicht-Nachhaltigkeit“. Nun reagiert das Erdsystem, offenbar sind erste Tipping Points erreicht und die Effekte sind für unsere Ökonomien, aber auch für unsere kommunikativen Infrastrukturen zunehmend bedrückend, stellenweise schon verheerend. Und sie sind, gerade auch für erfahrene Erdsystemforscher*innen, in einer so nicht vorhergesehenen Weise drastisch und erschreckend.

Unser Projekt ist der Frage nachgegangen, ob in zeitgemäßen Zukunftsdiskursen durch Einbeziehung von Endgame- und Doomsday-Narrativen in paradoxer Weise Zukunftsoptionen reduziert werden und gerade dadurch die notwendigen realitätstüchtigen, aber auch überraschend neue Optionen zu erschließen sind.

Das Climate Endgame im Feld der Nachhaltigkeits-Kommunikation

Zunächst ist festzustellen, dass wir uns in einem tradierten Feld bewegen. Es wurden und werden immer und immer wieder drastische, apokalyptische Szenarien an die Wand gemalt und dramatisierende Warnungen ausgesprochen. Enorm einflussreich war zuletzt Greta Thunbergs Streiks, begleitet von ihren eindringlichen, aufrüttelnden Reden, die sie stets mit der Forderung an die Politik versehen hat, sich endlich hinter die Wissenschaft stellen. Als Element ihrer herausragend gut gelungenen Klimakommunikation kann beispielsweise das von ihr am 25. Januar 2019 in der Rede am World Economic Forum in Davos erstmals ausgesprochene und dann oft wiederholte „I want you to panic!“ gelten.[2] 

Der Notstandsdiskurs mit seinen alarmierenden Visionen zog immer weitere Kreise und baute enormen Druck auf. Ganz anders erfolgreich war der reichweitenstarke Weltuntergangsfilm Don't Look Up, der 2021 erschien und von dem Peter Kalmus zustimmend sagte, „humanity needs stories that highlight the many absurdities that arise from collectively knowing what’s coming while collectively failing to act.“[3] Nur wenige Monate später wurde das Endgame-Paper von Kemp, Rockström, Schellnhuber u.a. veröffentlicht, in dem die Erforschung weltweiter gesellschaftlicher Zusammenbrüche angemahnt wird, weil es mittlerweile reichlich Indizien für das Eintreten globaler Katastrophenkaskaden gibt. Den entsprechenden WCS, aber auch einer dem katastrophischen Potential entsprechenden wissenschaftlichen und öffentlichen Kommunikation sei bislang viel zu oft und zu lange ausgewichen worden, was nicht mehr zu verantworten sei. Zu diesem Zeitpunkt war der Druck der dramatisierenden Klimakommunikation allerdings schon wieder unter den Restriktionen der Pandemie zusammengebrochen.

Die mal erfolgreichen, mal folgenlosen dramatisierenden Positionierungsstile und auch die ablehnenden Reaktionen auf solche Positionierungen, bei denen dann von Panikmache und irrationaler Apokalyptik gesprochen wird, haben Geschichte. Als vor fünfzig Jahren die Grenzen des Wachstums erschienen sind, versuchte im direkten Abwehrreflex die New York Times den Ansatz mit vernichtender Schärfe zu kritisieren, wobei sie anmerkte: „Today the vision is mass death from insecticide poisoning, climatic changes, or some other form of retribution from an angry biosphere.“[4] Das sei als Sicht auf die Zukunft vielleicht nicht mal ganz falsch, aber „a false inevitability of doom do not speed the day of salvation“ – Angst- und Panikmache helfen nicht, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um technologie- und forschungsbasierte Lösungen zu finden, sondern behindern nur den benötigten Fortschritt. Derartige Deutungsmusterkämpfe sollten in der Klimakommunikationsforschung bekanntes Terrain darstellen, werden aber selten als zwei Seiten eines relationalen diskursiven Feldes begriffen. Vielmehr ist es offensichtlich, dass die abwertende Kritik an den „Apokalyptikern“ von den Integrierten immer und immer wieder vorgebracht wurde und wird.[5] Die positive Psychologie der Integrierten war nach einer einflussreichen und auch wirksamen Phase der Dramatisierung spätestens in den 90ern tonangebend und dominiert auch heute noch, in der Frühphase der eskalierenden Klimakatastrophe, die Nachhaltigkeitsforschung und -kommunikation. So mahnt selbst der kritische Sozialpsychologe Harald Welzer, der sicher nicht zu denjenigen gehört, die gerne beschönigen,[6] mit seinem freilich nie einfach frohsinnig wirkenden Ansatz immer wieder motivierende, Mut machende Kommunikation an. In Politik und Verwaltung ist das Positive ohnehin der Mainstream. Ein typisches Beispiel dafür ist der „Hannover 2035 klimaneutral“[7]-Prozess, der für unser Projekt eine zentrierende Rolle spielen sollte: Die Landeshauptstadt Hannover und die Region Hannover haben sich hier klimapolitische Ziele gesetzt, die sie nach derzeitigem Verlauf der Beratungen kaum erreichen können. Die verbleibenden knapp zehn Jahre sind für die notwendige tiefgreifende Transformation,[8] ohne die die Ziele nicht zu erreichen sind, offenbar kaum genug Zeit – es sei denn, es wird tatsächlich ein emergency mode eingeschlagen, der das Unmögliche doch noch möglich machen könnte. Das aber würde eine politische Kommunikation voraussetzen, die die prekäre Lage ehrlich beschreibt und den Menschen nicht suggeriert, sie könnten im Großen und Ganzen so weitermachen wie bisher – und das wiederum ist, wie wir meinen, ohne die Nutzung von reduktivistischen Endspiel-Narrativen kaum zu machen.[9]

Die aktuelle Katastrophik unterscheidet sich von den damaligen, etwa vom Grenzen-des-Wachstums-Team um das Ehepaar Meadows, den Club-of-Rome-Mitbegründer Eduard Pestel u.a. vorgetragenen[10] nicht nur in der mächtig angewachsenen Forschungs- und Informationsbasis,[11] sondern schlicht auch darin, dass in den letzten 50 Jahren tatsächlich Grenzen des Wachstums erreicht und etwa seit den 80ern immer deutlicher überschritten worden sind (‚Overshoot‘). Die damals noch vorhandene Zeit für eine globale Reduktion der Emissionen und der Ressourcen- und Naturverbräuche, das gute halbe Jahrhundert zum Umsteuern wurde nicht effektiv genug genutzt, wie an den weiterhin steigenden THG-Emissionen, dem Artensterben (mit Tendenz zur ‚6th Extinction‘), den Extremwetterlagen und dem Erreichen der Tipping Points abgelesen werden kann. Obwohl nun über alle Disziplinen hinweg aus den Bereichen der klimasensiblen Forschung eine zunehmende Worst-Case-Tendenz konstatiert und mit alarmistisch und apokalyptisch anmutenden Aufrufen versehen wird, um die verbleibenden Chancen einer wenigstens Teilrettung der Welt, wie wir sie kennen, noch zu wahren, erscheint es verblüffenderweise immer noch nicht zielführend oder wenigstens weiterhin schwierig bis unmöglich, diese Befundlagen in die Kommunikation mit Kommunen, Unternehmen und anderen Akteur*innen, die noch am Paradigma der Nachhaltigkeit und des Green Growth festhalten, so einzubauen, dass angemessene Reaktionen erfolgen.

In dieser Lage erscheinen Kommunikationsstrategien, die primär die Erfolge und die Machbarkeit einer nachhaltigen Zukunft betonen, zwar einzig erfolgversprechend für politische Mehrheiten, aber geradezu irreführend hinsichtlich ihrer Zielsetzungen und der diesen entsprechenden Maßnahmen. Müssten Wissenschaft, Politik und Verwaltung nicht im doppelten Sinne reduktivistisch vorgehen, also falsche Hoffnungen hinterfragen wie auch falsche Ambitionen, was konsumistischen Wohlstand und produktivistisches Wachstum angeht, supendieren? Müssten nicht wenigstens die Wissenschaften hier entschlossen mit dem Reduktivismus vorangehen? „Gerade die Hoffnung auf die nachhaltige Konservierung der modernen Optionszukunft verschließt alternative ökologische Handlungsoptionen in der Gegenwart. Darin liegt die affektive beziehungsweise ‚normative Paradoxie‘ der Nachhaltigkeit.“[12] Anscheinend ist es doch, um dem eine ‚reflexive Paradoxie‘ anzufügen, so, dass die Optionsbandbreiten erst ganz entschieden reduziert werden müssen, damit die notwendigen tiefen-transformativen Optionen und Utopien sich wirksam erschließen lassen.

Immerhin gibt es zumindest rhetorisch gemeinsame Grundlagen und weitreichende Zustimmung für schnelle, tiefgreifende Transformation und entsprechend weitreichende Maßnahmen – und genau diese Zustimmung und ihre Beziehung zu Endgame-Zukunftsdiskursen stellt unseren Ausgangspunkt dar: Wie weit werden diese Endgame-Erkenntnisse mitgetragen, aber nicht öffentlich kommuniziert?[13] Welche Barrieren für eine öffentliche Kommunikation werden gesehen, im eigenen, bspw. wissenschaftlichen oder administrativen oder unternehmerischen Feld und jeweils außerhalb? Falls ein solcher paradoxaler Paradigmenwechsel in der Kommunikation, der durch dezidierte Optionsreduktion weiterführende Optionen schaffen will, für den Rahmen von Zukunftsdiskursen überhaupt als sinnvolle Aufgabe erscheint, wäre es dafür sicher nicht trivial, das von Thunberg angemahnte unite behind the science zu verwirklichen, denn ‚die Wissenschaft‘ ist kein identitäres Kollektivsubjekt, sondern vernünftigerweise als ein Feld zu begreifen, das grundsätzlich vom ‚Nomos‘ getragen wird, differierende Positionen mit Wahrheitsgehalt zu produzieren.[14] 

Bei aller bekundeten Selbstverpflichtung, an „der Wissenschaft“ orientiert zu sein, ist doch „gesunder Menschenverstand“, präziser gesagt eine ganze Bandbreite von Formen des common sense[15] auch in der kämpferischen Szene des Klimaaktivismus zu finden. Da ist zunächst einmal die Annahme, die apokalyptische Klimakatastrophe inkl. globalem Kollaps und Massenartensterben inkl. Menschheit sei unvermeidbar, oder wenigstens dann unvermeidbar, wenn nicht schnellstens „das System“ überwunden werde. Zu den radikalsten Positionierungen in diesem Feld gehört die von Derrick Jensen, der Vorschläge dafür ausarbeitet, das System zu stürzen, um mit einer drastisch reduzierten Weltpopulation weiter leben zu können.[16] Der auch außerhalb der Szene prominentere Roger Hallam, Mitbegründer von Extinction Rebellion und vermeintlich im Besitz einer wissenschaftlichen (also getesteten, daher vermeintlich funktionierenden) Revolutionstheorie, geht ebenfalls von der Notwendigkeit eines – möglicherweise gewaltvollen – Umsturzes aus, ebenso wie Andreas Malm, der bspw. in seinem Buch Klima|x an die Strategien des Kriegskommunismus von Lenin und Trotzki erinnert, um ein radikales Revolutionsmodell aufzuzeigen.[17] Anderen scheint eine sanfte Revolution der Praktiken und Gefühle wichtiger (oder angenehmer) für die „Wege des Wandels“ zu sein, doch auch diese Revolution wird dann die Welt in ihren Grundfesten erschüttern und völlig umkrempeln[18] – was als Gesellschaftsstruktur danach kommt, bleibt unterbestimmt oder ähnelt Ponyhof-Phantasien.[20] Die Bandbreite ließe sich noch erweitern ...

Kritische Positionierungskämpfe

Bei der haarsträubend schwierigen Aufgabe, das Endgame wirklich zu verstehen und wirksam zu kommunizieren, könnten und sollten neben den Naturwissenschaften gerade auch die Geistes- und Sozialwissenschaften für den Realitätsgehalt, aber auch für einen Anti-Fatalismus solcher Zukunftsdiskurse Sorge tragen. Jede produktive Aneignung des Endgame-Paradigmas dürfte folgende Annahmen nicht mehr als apokalyptisch oder extremistisch bekämpfen, sondern einfach als realistisch annehmen können: Der Kollaps ist nicht nur möglich, sondern mittlerweile auch nicht mehr unwahrscheinlich; der Climate Emergency ist nicht mehr abzuwenden, sondern schon eingetreten; das Climate Endgame ist als reale, beängstigende, sich weiter dramatisierende Herausforderung, als geltender State-of-the-Art in die sozialen Handlungsfelder zu integrieren; die öffentliche Kommunikation in Politik, Verwaltung, Medien hat sich mit den entsprechenden Erkenntnissen so auseinanderzusetzen, dass diese als Tatsachen des alltäglichen und zukünftigen Daseins verstanden werden, usf. 

Doch bleiben die Widerstände gegen konsequente Endgame-Kommunikation und -politik massiv. Extrem zugespitzt findet sich eine ausführlich entfaltete Kritiklinie bei M.E. Mann (der hier auch erwähnt wird, vgl. Kellermann). Sein „Vier-Punkte-Plan“ für gelingende Klimakommunikation sieht folgendermaßen aus:

Ignoriert die Untergangspropheten: Der irregeleitete Glaube, dass es zu spät ist, um zu handeln, wurde von der fossilen Brennstoffindustrie und ihren Interessenvertretern instrumentalisiert. Dabei geht es ihnen darum, „business as usual“ und eine fortgesetzte Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu legitimieren. Wir müssen uns dem Weltuntergangsszenario widersetzen, dem wir im Klimadiskurs heutzutage immer häufiger begegnen.

Ein Kind wird sie leiten: Junge Menschen kämpfen mit Händen und Füßen um die Rettung ihres Planeten, auch öffentlichkeitswirksam beim freitäglichen „Schulstreik fürs Klima“. In ihrer Botschaft steckt eine große moralische Autorität und Klarheit, die nur die abgestumpftesten Ohren überhören können. Sie fordern den Paradigmenwechsel, auf den Klimaschutzbefürworter gewartet haben. Wir sollten unser Handeln nach ihrem Vorbild gestalten und von ihren Methoden und ihrem Idealismus lernen.

Aufklären, Aufklären, Aufklären: Die meisten hart gesottenen Klimawissenschaftsleugner sind unverbesserlich. Sie betrachten den Klimawandel durch das Prisma einer rechten Ideologie und sind unzugänglich gegenüber Fakten. Verschwendet keine Zeit und Mühe damit, sie zu überzeugen. Aber es gibt auch viele ehrliche Leute da draußen, die im Kreuzfeuer stecken, Opfer der Desinformationskampagne zum Klimawandel wurden, und entsprechend verwirrt sind. Wir müssen ihnen helfen, um sie in die Lage zu versetzen, sich uns im Kampf um das Klima anzuschließen.

Systemischer Wandel ist notwendig: Die Desinformationsmaschinerie für fossile Brennstoffe lenkt von dem Erfordernis systemischen Wandels und möglichen Anreizen dafür ab. Stattdessen werden einzelne Aspekte, wie das Auto, das wir fahren, die Lebensmittel, die wir essen und der Lebensstil, den wir führen, thematisiert und in den Vordergrund gestellt. Wir brauchen stattdessen eine Politik, die Anreize für den notwendigen Wechsel weg von der Verbrennung fossiler Brennstoffe hin zu einer sauberen, grünen Weltwirtschaft schafft. Entscheidungsträger, die sich dem Aufruf zum Handeln widersetzen, müssen ihre Posten verlieren.[20]

Der erste und damit wohl auch der wichtigste Punkt des Kommunikationsplans – und das sollte als durchaus als überraschend wahrgenommen werden – ist die Warnung vor „Untergangspropheten“, da diese von Akteur*innen des Fossilismus derart instrumentalisiert werden, dass die Menschen mutlos aus dem politischen Transformationskampf aussteigen und dem Business-as-usual das Feld überlassen. Mann diskutiert dafür beispielsweise Jem Bendell, ausführlich Jonathan Franzen und David Wallace-Wells, dessen Arbeit er so einführt: „Klima-Doom-Porn verkauft sich gut. ‚Die unbewohnbare Erde‘ war der meistgelesene Artikel in der Geschichte des New York Magazine.“[21] Es handle sich bei diesem Elaborat um eine „lähmende Erzählung von Untergang und Hoffnungslosigkeit,“[22] das Buch sei „echte Klimaendzeitpornographie“[23] – argumentativ also eine ziemlich getreue Kopie der oben von mir erwähnten Kritik an den Grenzen des Wachstums, verschärft um den Vorwurf, solche Geschichten taugen zum Aufgeilen einer sonst wohl schon zu ermüdeten Schicht von saturierten Kulturkonsument*innen.

Solche Warnungen vor Untergangsstimmung hat der Deep-Adaption-Autor Jem Bendell als „Moodsplaining“ kritisiert,[24] was angesichts des Doom-Porn-Vorwurfs sogar noch eine Verharmlosung darstellt. Wir haben hier und auf unserer Website Klima-Kollaps-Kommunikation.de Texte von Aktivisti (von Tadzio Müller, von „(Post-)Aktivist“ Simon Priesching, vom Klimasensibilitäts-Coach Timo Kassel u.a.) versammeln dürfen, sämtlich Personen, die vor einem vermeintlich sicher heraufziehenden Kollaps nicht mehr die Augen verschließen wollen – und deswegen psychisch zu zerbrechen drohen und tatsächlich zusammenbrechen. Darauf mit einer pauschalisierenden Feinderklärung zu antworten, wie Mann das tut, ist einfach nicht angemessen, zumal die „Doomisten“, die wir mit unserem Projekt versammeln konnten, eben keineswegs mit der Fossilindustrie paktieren oder kurzsichtig und fatalistisch genug sind, um sich instrumentalisieren zu lassen. Im Gegenteil, sie sind kämpferisch, sie sind mit Haut und Haaren engagiert, setzen ihre Körper im Kampf gegen die Fossilmächte und für wirksamen Klimaschutz ein, werden dafür von der Staatsmacht angegriffen und müssen mittlerweile sogar mit langen Haftstrafen rechnen, wie jetzt gerade (im Juli 2024) eine Gruppe um Roger Hallam erfährt. Für die bewegungspolitisch aktiven Akteure dieser doomistisch-apokalyptischen Positionierungen ist es extrem schmerzhaft, aber nur allzu nachvollziehbar, wenn nicht nur die überwiegende Scientific Community, die vor den gemütlich flackernden TV- und Handy-Kaminen räsonierende bürgerliche Öffentlichkeit und natürlich auch die Politik selbst hier mit Skepsis oder völligem Unverständnis reagiert – die Zurückweisung wird als vorhergesehene Reaktion der Beharrungskräfte zu einem Teil des eigenen revolutionären Selbstverständnisses und trägt nur zur Bestätigung der gelebten Theorie bei. Alles vorhersehbar, aber zusätzlich belastend und deprimierend. Und gerade weil machtvolle Agentien der Diskursproduktion daran interessiert sind, solche Positionen als schädlich oder gar terroristisch zu desavouieren, wollen wir mit unserem Projekt dagegenhalten, indem wir versuchen, für einen vernünftigen, respektvollen und einfühlsamen Umgang mit diesen strittigen Positionen und Aktionen beizutragen. Soziologisch bzw. transformationstheoretisch gesehen sollte doch klar sein, dass eine „Große Transformation“ ohne diese sich radikalisierenden Positionierungen nicht zu haben sein wird. Ob sie zu einem vernünftigen Verlauf dieser so entscheidenden historischen Epoche beitragen können, ist eben ganz wesentlich auch eine Frage des gesamtgesellschaftlichen Umgangs mit ihnen. Mit Unkenntnis, ja Feindseligkeiten gegen ausgerechnet diese Akteure des Bewegungsfeldes sind sicher keine guten Beiträge zur sozial-ökologischen Transformation zu erwarten, sondern nur weitere Verzerrungen und Blockaden. Das aber ist wirklich das Letzte, was wir uns jetzt noch leisten können.

Kein Kind wird uns leiten: Manns zweiter Punkt ist sicherlich im Bewegungsjahr 2020, als das Buch geschrieben wurde, noch plausibel gewesen, aber leider von der jüngsten Geschichte völlig entkräftet worden: Das Kind, Greta Thunberg, ist erwachsen geworden – und leitet nicht mehr, sondern musste mit der Pandemie die rapide Erosion, dann den Zusammenbruch der Bewegung erleiden. Mittlerweile gilt sie vielen sogar als linksradikal oder gar antisemitisch, was sicher ein Erfolg der Gegenspieler ist, aber auch Effekt der herben politischen Verschiebungen und Umbrüche in ihrem und unserem Umfeld. Und Punkt Drei, das Aufklären Aufklären Aufklären, fällt in einer Welt, die nach Pandemie und neuen Kriegen rasant auf die Stärkung klimarassistischer Positionen des Anti-Ökologismus und Ökofaschismus zusteuert,[25] nicht mehr so leicht wie in den wenigen Jahren um 2019, als die Klimaschutz-Aktivistis zwar auch schon voller Befürchtungen in oft genug in Panik gewesen sind, aber auch extrem gut organisiert waren und noch keine Grenzen der Reichweite und Wirksamkeit erleben musste. Die Endzeitstimmung ist bei vielen stärker geworden und das ist ein Problem – aber nicht als irrige Chimäre, sondern als gut begründete Sicht auf die Welt.

Systemischer Wandel: Mit dem Punkt Vier des „Climate War“-Kommunikationsprogramms wird sichtbar, dass Mann sich immer wieder kritisch gegen Maßnahmen wendet, die an den Lebensweisen ansetzen. Auch das sei nur Ablenkung, ähnlich dem Doomismus nur eine Finte der Fossilindustrie, auf die Teile der Klimaschutzbewegung hereingefallen seien. Dieses Narrativ ist mittlerweile erstaunlich weit verbreitet. Und „reduktivistische“ Strategien, seien sie liberal vorgetragen wie von Juliet Schor, Niko Paech und Harald Welzer, als Teil einer linkssozialistischen Degrowth-Demokratiebewegung wie bei Jason Hickel, Andrea Vetter und Matthias Schmelzer oder im martialischen Stil des Ökoleninismus von Andreas Malm, betonen ja tatsächlich den Lebensweisewandel als notwendige Ingredienz der Großen Transformation. Nicht nur, weil die Wohlhabenden mit Verhaltensänderungen auf ganz voluntaristisch-dezisionistische Weise den Emissionshaushalt direkt und unmittelbar drastisch reduziert werden könnten (was sie natürlich nicht wollen), sondern auch, weil primär von den wirklich umweltbewusst bzw. suffizient lebenden Personen anzunehmen ist, dass sie die wichtigen drastischen politischen Entscheidungen unterstützen, die erst eine Große Transformation ermöglichen würden, selbst wenn diese Entscheidungen unbequeme Wahrheiten aussprechen und restrikive Wirkungen für die je eigenen Lebensweisen mit sich bringen würden. Die zuletzt genannte Gruppe der Nachhaltigkeitspioniere bildet demnach das Trägermilieu für die Mehrheiten, die für weitreichende politische Entscheidungen zu erringen sind. Und genau diese Gruppe ist zunehmend frustriert, voller Sorge, deprimiert, ja ‚doomistisch‘ gestimmt. Aber all die Anstrengungen, einen postfossilen Alltag zu leben und ihn dann beispielgebend in die Politik aufsteigen zu lassen, so suggeriert Mann, seien nicht hilfreich.

Für unser Projekt Zukunftsdiskurse im Climate Endgame ist es von höchster Relevanz, diese und ähnlich gelagerte Positionen als Teil eines Feldes von umkämpften Positionierungen zu erkennen, denn sie bestimmen ja die Dynamik des Gesamtdiskurses um die Klimakatastrophe mit. Sie tun das in klarer Abgrenzung zu den Beharrungskräften des Fossilismus. Wir haben es ja nicht mehr nur mit ‚Bystanderism‘ zu tun und einer Politik, die sich zu wenig zumutet, sondern mit erstarkenden fossil-faschistischen Kräften, die sich dem notwendigen Strukturwandel widersetzen indem sie den gesellschaftlichen Beharrungsmilieus nationalistisch-regressive, rassifizierend ausgrenzende Ideologien anbieten – mit wachsender Überzeugungskraft, was ja als Bestandteil des Climate Endgame und der WCS zwar nicht überraschen kann, was aber durch die wenig originelle Prognostizierbarkeit nicht weniger fürchterlich ist. Die Kommunikation der Harris-Walz-Kampagne macht eines wieder deutlich: Der Wahlkampf der Demokraten wird strategisch nicht primär gegen die Kräfte der Erderhitzung geführt, sondern gegen einen verbrecherischen Egomanen und für die Menschen, denen es mit Teamgeist, Gemeinsinn und einem verlässlichen Sozialstaat bessergeht. Eine Camouflage-Kampagne scheint im Wahlkampf die einzig erfolgversprechende Strategie, eine den Klimawandel dramatisierende Doomsday- oder Kollaps-Kommunikation hingegen wäre fatal, das ist die Grundüberzeugung beinahe aller psychologisch-politischen Kommunikationstheorien. Doch lassen sich mit einem so (hoffentlich!) gewonnenen Wahlkampf nicht die notwendigen Schritte eines angemessen schnellen und wirklich tiefgreifenden Strukturwandels der globalen (Praxis-)Ökonomien für konsumistische Wohlstandsmodelle rechtfertigen. Dafür bräuchte es offenbar, wie zu Roosevelts Zeit und dessen bis zum Kriegseintritt noch eher bescheidenen Erfolg des damaligen New Deal, ein Pearl-Harbour-Moment, seinerzeit um den Krieg gegen die faschistischen Kräfte zu führen, heute gegen Fossilindustrie/-faschismus und Bystanderism. Den Wunsch für eine solches Kriegseintrittsereignis zum Ausdruck zu bringen wäre zynisch, im Roman ist es indessen legitim und auch schon durchgespielt worden: ein Szenario wäre das von K.S. Robinson vorgedachte millionenhafte Sterben nach einer Hitzewelle in Indien und einem weiteren Verlauf voller Ereignisses wie Kidnapping, Ökoterrorismus u.a., bis dann die CO2-Werte wieder sinken. 

Soweit ich sehe haben sich die Sozialwissenschaften auf solches Szenarien-Terrain noch nicht vorgewagt, im Kern sind sie immer noch szenariophob, empirisch reichhaltige Zukunftsdiskurse mit Rückgriff auf die Erdsystemwissenschaften gibt es nur vereinzelt. Was es immerhin schon gab sind die nicht einflusslos gebliebenen Aufrufe für einen New Deal mit den erwähnten tiefgreifenden Maßnahmen, angefangen beim „One Degree War Plan“ von Gilding/Randers über McKibbens WWIII-Mobilisierungsaufruf, politisch in abgeschwächter Form dann weiter entwickelt von AOC und auch Kamala Harris und bekanntlich auch in Europa eingeführt. Die dann realisierten Formen des New Deal – IRA, 55+ – sind wichtige Schritte, aber in der aktuellen Ausprägung längst nicht ausreichend, um eine katastrophale Entwicklung abzuwenden. Es kann vermutet werden, dass erst eine Situation, die die Endgame-Kommunikation zur dominanten Kraft des wissenschaftlichen und politischen Feldes werden lässt, weiterreichende Maßnahmen ermöglichen wird, wobei eine regressive Abwehr wahrscheinlicher ist, wenn im Vorfeld nicht aktiv auf die Auseinandersetzungen im Endgame vorbereitet wurde.

Über den Autor

Portrait Thomas Köhler

Thomas Köhler

Lizensierung

Thomas Köhler (2024) Creative Commons-Lizenz CC BY 4.0.

  1. 1

    Kemp, Luke et al. (2022): „Climate Endgame: Exploring Catastrophic Climate Change Scenarios“, in: Proceedings of the National Academy of Sciences 119, 34, e2108146119.  https://doi.org/10.1073/pnas.2108146119; in diesem Band übersetzt vorgelegt.

  2. 2

    Thunberg, Greta (2019): Ich will, dass ihr in Panik geratet! Meine Reden zum Klimaschutz, Frankfurt a. M.: S. Fischer.

  3. 3

    Und weiter sagt er: „We also need stories that show humanity responding rationally to the crisis. A lack of technology isn’t what’s blocking action. Instead, humanity needs to confront the fossil fuel industry head on, accept that we need to consume less energy, and switch into full-on emergency mode.“ Kalmus, Peter (2021): „I’m a Climate Scientist. Don’t Look up Captures the Madness I See Every Day“, in: The Guardian [29.12.2021]. https://www.theguardian.com/commentisfree/2021/dec/29/climate-scientist-dont -look-up-madness.

  4. 4

    Passell, Peter/Roberts, Marc/Ross, Leonard: „The Limits to Growth“, in: The New York Times. Book Review [02.04.1972]. https://www.nytimes.com/1972/04/02/archives/the-limits-to-growth-a-report-for-the-club-of-romes-project-on-the.html.

  5. 5

    tegrierte. Zur kritischen Kritik der Massenkultur, Frankfurt a. M.: S. Fischer. Es ist sicher eine allzu starke Vereinfachung, die gesamte Klima- und Nachhaltigkeits-Forschung und -Kommunikation diesen beiden Polen zuzuordnen. Präziser wäre es, in der Tradition Bourdieuscher Soziologie, diese Zuweisungen als Machtkämpfe zu dechiffrieren und sie als Produkt eines ausdifferenzierten Feldes von Positionen und Positionierungen zu konzipieren, in dem die beiden Pole nur eine Dimension eines mehrdimensionalen Kontinuums von Möglichkeiten markieren. Eine zweite Achse wäre ganz klassisch mit dem Kapitalvolumen aufzumachen, so dass zwischen den eher reformistisch-integrierten und den eher tiefenstrukturell-revolutionären Positionierungen noch nach gut situierten Etablierten und prekären Außenseitern unterschieden werden könnte: Schellnhuber wäre als dann etablierter Apokalyptiker kenntlich usf.

  6. 6

    Welzer hatte sich in der NS-Täterforschung verdient gemacht und 2010 mit dem Buch Klimakriege: Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird eine düstere Untersuchung vorgelegt, dann aber – und das sicher als ganz bewusste Entscheidung für einen anderen Kommunikationsstil – den Kurswechsel hin zu Transformationsdesign (mit Bernd Sommer, München: oekom 2014) und Futurzwei (https://www.futurzwei.org) vollzogen.

  7. 7

    Vgl. https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Umwelt-Nachhaltigkeit/Klimaschutz-Energie/Regionale-Klimaschutzziele-und-Konzepte/Klimaschutzprogramm-Hannover-2035. Die dazu durchgeführten Gespräche und Studien können wir hier nur zu einem Bruchteil dokumentieren, sie bleiben späteren Veröffentlichungen vorbehalten.

  8. 8

    Wie tiefgreifend ist selbstverständlich umstritten. Um einen angemessen starken Transformationsbegriff zu gewinnen, sieht sich beispielsweise. Ulrich Brand genötigt, Kapitalismuskritik gegen Modernisierungstheorien stark zu machen; vgl. ders. (2021): „Ein kritisches Transformationsverständnis zur Überwindung der vagen Ansätze zu Nachhaltigkeit und Transformation. Kommentar zu Karl-Werner Brand“, in: Leviathan 49, 2, S. 215–223. Es ist durchaus spannend, die Traditionslinien der divergierenden Positionierungen und deren Ausfächerung nachzuzeichnen; das Projekt muss aber auch, bei allem Respekt für Differenz, das Gemeinsame finden, das für hinreichend entschiedenes Transformationsgeschehen zu mobilisieren ist.

  9. 9

    Reduktivismus meint hier eine Politik der Zurückführung multioptionsgesellschaftlicher Aspirationen zugunsten einer sozialökologischen Selbstbegrenzung.

  10. 10

    Das sind nur Beispiele; zur gleichen Zeit erschienen ein „Doomsday-Book“ oder ein „Blueprint for Survival“ und die Publikationen der Apokalyptiker wurden auch in den späten 70ern bis in die 80er hinein nicht weniger, tatsächlich wurde in dieser Phase wirksamer Druck auf das politische Feld ausgeübt, der leider in den 90ern nicht mehr aufrechterhalten werden konnte …

  11. 11

    Aus den unzähligen Publikationen und Veranstaltungen zum Jubiläum sei hier nur die sehr zustimmende des ehem. Fördermittelgebers, der VolkswagenStiftung, herausgegriffen: Prominent ignoriert?! 50 Jahre „Grenzen des Wachstums“ [Schloss Herrenhausen, 08.06.2022]. https://www.youtube.com/watch?v=h7D1fH7BPsY.

  12. 12

    Folkers, Andreas (2022): „Nach der Nachhaltigkeit. Resilienz und Revolte in der dritten Moderne“, in: Leviathan 50, 2, S. 239–260, hier: S. 255.

  13. 13

    Etliche Dokumente belegen die – dringend aufzugebende? – Zurückhaltung von Wissenschaftler*innen im Umgang mit beängstigenden Befunden, vgl. etwa das Gespräch zwischen Greta Thunberg und Kevin Anderson im Jahr 2022: https://www.youtube.com/watch?v=8qZ0hSP_YEU.

  14. 14

    Vgl. Nassehi, Armin (2020): „Klima, Viren, Kurven. Was heißt, auf die Wissenschaft zu hören?“, in: Kursbuch 202, S. 145–163. https://doi.org/10.5771/0023-5652-2020-202; der Text von Thomas Meier in diesem Band ist ein gutes Beispiel für die Gegenposition zu Doomsday-Narrativen.

  15. 15

    Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es ist Aufgabe der Soziologie, auch die Bedingungen des Wahrnehmens zu untersuchen, um „mit der Illusion des gesunden Menschenverstands zu brechen, und dadurch eine Vorbedingung für die wissenschaftliche Konstruktion des Gegenstands“ zu erfüllen; vgl. Bourdieu, Pierre (1993): „Narzisstische Reflexivität und wissenschaftliche Reflexivität“, in: Berg Eberhard/Fuchs, Martin (Hrsg.): Kultur, soziale Praxis, Text. Die Krise der ethnographischen Repräsentation, Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 367.

  16. 16

    Jensen, Derrick (2006): Endgame. Vol. 1: The Problem of Civilisation, New York, NY: Seven Stories (dt.: ders. [2008]: Endgame: Zivilisation als Problem, München: Pendo); ich erlaube mir die etwas unwissenschaftliche Anmerkung, dass Jensens Position im Endgame des Marvel Universe recht gut der Figur des Erzschurken Thanos entsprechen würde.

  17. 17

    A. Malm: Corona, Climate, Chronic Emergency. War Communism in the Twenty-First Century, London, New York 2020, dt.: Klima|x, Berlin 2020.

  18. 18

    Bspw. C. Eisenstein: Wut Mut Liebe. Politischer Aktivismus und die echte Rebellion, Zürich 2020; E. v. Redecker: Praxis und Revolution. Eine Sozialtheorie des radikalen Wandels, F.a.M. 2018

  19. 19

    K. Kuhnhenn u.a.: Zukunft für alle. Eine Vision für 2048: gerecht. ökologisch. machbar. München 2020.

  20. 20

    Mann, Michael E. (2021): Propagandaschlacht ums Klima. Wie wir die Anstifter politischer Untätigkeit besiegen, München: oekom, S. 17f. und ausführlicher nochmal ebd. ab S. 339ff.

  21. 21

    Ebd., S. 276.

  22. 22

    Ebd.

  23. 23

    Ebd., S. 283

  24. 24

    Bendells Definition lautet, etwas verschwörungstheoretisch: „Moodsplaining ist die Praxis uns zu sagen, wie wir uns fühlen sollten, zum Wohle unserer selbst und der Gesellschaft. Es kann entstehen, wenn Menschen Angst davor haben, Angst zu empfinden, und bestimmte Ideen und Menschen diskreditiert werden sollen, damit sie sich weniger ängstlich fühlen. Wie bei jeder ‚Erfahrungsvermeidung‘, bei der Menschen ihre Emotionen unterdrücken und verleugnen, kann dies zu unlogischen Ideen sowie zu wütenden und hasserfüllten Einstellungen führen. Eine ganze Industrie von Stimmungserklärern wird von Unternehmen, Stiftungen und NGOs finanziert, die wollen, dass die Öffentlichkeit sich ruhig genug fühlt, um nicht zu rebellieren und die Systeme zu stören, die katastrophale Schäden an unserem Lebensraum verursachen. Sie wollen, dass wir glauben, dass Technologie, Top-Experten und Eliten die Dinge regeln werden, damit wir weiter arbeiten, einkaufen, Kredite aufnehmen und sparen, während wir den Verlust unserer Lebensqualität, unserer Freiheiten und unserer Macht hinnehmen“. Bendell, Jem (2023): „Let’s Tell the Moodsplainers They’re Wrong and Then Get back to Work“, in: ders.: Thoughts on Collapse Readiness and Recovery [05.08.2023]. https://jembendell.com/2023/08/05/lets-tell-the-moodsplainers-theyre-wrong-and-then-get-back-to-work.

  25. 25

    Quent, Michael/Richter, Christoph/Salheiser, Axel: Klimarassismus. Der Kampf der Rechten gegen die ökologische Wende, München: Piper 2022.

  26. 26

    Randers, Jorgen/Gilding, Paul (2010): „The One Degree War Plan“, in: Journal of Global Responsibility 1, 1, S. 170–188. https://doi.org/10.1108/20412561011039762; McKibben, Bill (2016): „A World at War“, in: The New Republic [15.08.2016]. https://newrepublic.com/article/135684/declare-war-climate-change-mobilize-wwii.