Klima, Kollaps, Kommunikation

Perspektiven auf das Climate Endgame

Ein Artikel von Josephine Tröger

Zwischen Klimaangst und Optimismus

Die globale Erderwärmung wird immer spürbarer. Die Durchschnittstemperatur in Deutschland lag 2022 um 1,7 Grad Celsius höher als im Jahr 1881.[1] Die Folgen sind deutlich: ein durchschnittlich milderes Klima, heißere und trockenere Sommer sowie immer häufiger auftretende Extremwetterereignisse. 2021 hat die Ahrtalkatastrophe mehr als 150 Menschenleben gefordert und einen ökonomischen Schaden angerichtet, der auf 40 Milliarden Euro geschätzt wurde.[2] Trotz dieser massiven Auswirkungen sind wir in Deutschland im globalen Vergleich relativ gut auf solche Ereignisse vorbereitet. Wir sind aktuell noch in der Lage, betroffenen Menschen in diesen Extremsituationen und auch danach zu helfen. Jedoch wird die Resilienz (Widerstandskraft) unseres gesellschaftlichen Systems auf vielen Ebenen immer stärker herausgefordert, wenn klimawandelbezogene Extremereignisse immer intensiver und häufiger auftreten. Die gegenwärtig diskutierten Szenarien deuten darauf hin, dass das Fortschreiten des Klimawandels einen enormen Druck auf Individuen und Gesellschaften ausübt – vermutlich mit unterschätztem Ausmaß. Ein Team renommierter Wissenschaftler*innen stellte 2022 im „Climate Endgame“-Paper die Frage: „Werden katastrophale Szenarien zu wenig erforscht?“ und warnte vor klimabedingten Gefahren bis hin zum Zusammenbruch der Zivilisation und dem Aussterben der Menschheit.[3] Phänomene, die bereits im Zusammenhang mit Klimawandel stattfinden – sei es durch unmittelbares Erleben oder das Wissen darüber – lösen eine Vielzahl von Gefühlen bei Menschen aus, mit jeweils unterschiedlichen Konsequenzen. Doch was hat es mit diesen Gefühlen auf sich? Inwiefern sind sie wichtig, um tatsächliches Handeln für den Klimaschutz zu bewirken?

Was sind Klimagefühle?

Es ist nicht erstaunlich, dass viele Menschen auf eine derartige Bedrohungslage und die bereits sehr deutlichen Folgen der Klimakrise emotional reagieren. Klimagefühle sind in der wissenschaftlichen Literatur nicht einheitlich als Begriff definiert. Es gibt ein weites Spektrum an Gefühlen, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel wissenschaftlich diskutiert werden. In Anlehnung an Pihkalas Definition von Klimaangst[4] lässt sich festhalten, dass unter Klimagefühlen all jene Emotionen verstanden werden können, die signifikant im Zusammenhang mit der Klimakrise erlebt werden. Menschen, die eine hohe Klimaangst berichten, sind dabei vor allem besorgt um die weitreichenden globalen Folgen des Klimawandels, darunter das Massenaussterben, weit verbreitete Hungersnöte, den Tod von Millionen von Menschen und die Unbewohnbarkeit des Planeten.[5] Die Gefühle sind also sowohl aufgrund von egozentrischen (d.h. auf das eigene Wohlbefinden bezogenen) als auch altruistischen (d.h. auf die die Gemeinschaft und das Zusammenleben auf dem Planeten bezogenen) Gedanken motiviert. Klimagefühle sind einerseits Folgen aus dem Wissen, dem Erleben und der Bewusstheit der Konsequenzen über den Klimawandel, andererseits beeinflussen sie auch wie Menschen den Klimawandel wahrnehmen und darauf reagieren. Sie können sowohl motivierend wirken, indem sie zu aktivem Handeln anregen, als auch belastend, wenn sie zu Ohnmacht und Resignation führen. Daher ist es wichtig, diese Gefühle zu erkennen, sie zu reflektieren und im besten Fall auch konstruktiv zu nutzen, um angesichts der Bedrohungssituation handlungsfähig zu bleiben.[6]

Klimagefühle als angemessene Reaktion auf bedrohliche Lage

Der Klimawandel stellt eine existentielle Bedrohung und globale Herausforderung dar. Wichtig ist daher festzuhalten: Insbesondere die negativen und belastenden Gefühle sind häufig eine angemessene Reaktion darauf. Es ist also nicht pathologisch, also nicht gestört oder krankhaft, Angst vor dem Klimawandel zu haben oder starke Wut und Verzweiflung zu empfinden. Auch wenn es etwa auf physiologischer Ebene vergleichbare Symptome gibt, die bei anderen klinischen Störungen auftauchen, gibt es viele Gründe gegen eine Pathologisierung.[7] Klimaangst ist bei vielen Personen zu Recht mit Stress verbunden, denn sie werden mehr oder weniger, kurz oder langfristig mit den zerstörerischen Folgen des anthropogenen Klimawandels zurechtkommen müssen. Gefühle wie Angst, Trauer, Wut oder auch Hoffnung signalisieren, dass die Klimakrise nicht nur als ein abstraktes Problem wahrgenommen wird, sondern als eine reale Bedrohung für unser Leben, unsere Gemeinschaften und zukünftige Generationen. Im Kern haben Emotionen die Funktion, uns wichtige Informationen über uns und die Welt zu vermitteln. Damit regen sie zum Handeln an. Das heißt zunächst, dass Emotionen keine Probleme sind, sondern uns helfen, die Welt so gut es geht zu navigieren. 

Emotionen keine Probleme sind, sondern uns helfen, die Welt so gut es geht zu navigieren.

Entsprechend ist das auch im Kontext der Klimakrise. Sie können einen wichtigen Antrieb darstellen, um die Dringlichkeit des Problems zu erkennen und sich für Klimaschutz, Klimaanpassung und Katastrophenvorbereitung zu engagieren. Einige Studien zeigen bereits konsistent einen positiven Zusammenhang zwischen Sorgen in Bezug auf den Klimawandel und umweltschützenden Verhaltensweisen.[8] Dabei ist auch festzuhalten, dass Aktivismus und Klimaschutzverhalten gleichzeitig als eine Art Pufferstrategie wirken kann, um mit negativen Emotionen in Bezug auf den Klimawandel umzugehen und Resilienz stärken kann.[9] Klimaaktivst*innen beschreiben, dass sich gegen den Klimawandel zu engagieren dabei hilft, mit den Ängsten aktiv umzugehen.[10]

Wie weit sind Klimagefühle verbreitet?

Wie weit Klimagefühle bereits verbreitet sind, kann bisher nur schwer geschätzt werden. In den letzten Jahren häufen sich die Studien, die systematisch erfassen, welche Gruppen bereits besonders betroffen sind und wie sich klimawandelbezogene Emotionen entwickelt haben. Eine Studie mit schwedischen Oberstufenschüler*innen konnte zeigen, dass Jugendliche, die in 2010 befragt wurden, noch sehr viel weniger Sorgen berichteten als eine Kohorte, die 2020 befragt wurde.[11] Dies betrifft nicht nur Sorgen, dass der Klimawandel negative Konsequenzen für zukünftige Generationen, Menschen in ärmeren Ländern, Tiere und Pflanzen hat, sondern auch Sorgen um sich selbst, Familie und Freund*innen. Auch wenn sich Klimagefühle immer weiter ausbreiten, weisen einige Studien darauf hin, dass vor allem junge Menschen, Frauen, Menschen im globalen Süden und indigene Gruppen vermehrt darüber berichten. Es sind also solche Gruppen, die schon heute anfälliger für die Auswirkungen des Klimawandels sind. Einige Ergebnisse zeigen, dass diese Gefühle unabhängig von durchschnittlichem Einkommen existieren und stark von der Sichtbarkeit und des Erlebens von klimawandelbezogenen Folgen im Zusammenhang steht, und dies wiederum ist auch bei bestimmten Berufsgruppen der Fall, etwa Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten.[12]

Wie groß ist die Belastung durch Klimagefühle?

Von allen Klimagefühlen sind Klimaangst und -sorgen bisher am besten erforscht. Die vorliegenden Studien zeigen, dass die emotionale Belastung durch den Klimawandel erheblich sein kann und oft mit psychischen und physischen Gesundheitsproblemen verbunden ist.[13] Direkte Auswirkungen ergeben sich aus Extremwetterereignissen wie Hitzewellen oder Überschwemmungen, während indirekte Auswirkungen durch die ständige Sorge um die Zukunft, Umweltverlust und wirtschaftliche Unsicherheiten entstehen. Diese psychischen Belastungen können zu einem erhöhten Risiko für Depressionen, Angstzustände und posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) führen. Eine großangelegte internationale Studie mit 10.000 jungen Menschen im Alter von 16 bis 25 Jahren in zehn Ländern fand, dass sich acht von zehn jungen Menschen sorgen, dass der Klimawandel Menschen und den Planeten bedroht.[14] Fast die Hälfte aller Befragten berichtete von merklichen Einschränkungen im Alltag aufgrund der Angst. 75 % gaben an, dass sie die Zukunft für beängstigend halten, und 83 % gaben an, dass sie der Meinung sind, dass die Menschen es versäumt haben, sich um den Planeten zu kümmern. Die Befragten bewerteten die Reaktionen der Regierung auf den Klimawandel negativ und berichteten von einem sehr starken Gefühl des Verrats. Klimaangst und -not korrelierten mit der wahrgenommenen unzureichenden Reaktion der Regierung und damit verbundenen Gefühlen des Verrats.

Coping: Es kommt auf den Umgang mit den Gefühlen an

Coping bezeichnet die Bewältigung von Belastungssituationen und damit verbundenen Emotionen. Coping-Strategien im Kontext von Klimagefühlen wie Angst, Trauer oder Wut sind wichtig, um mit diesen emotionalen Belastungen konstruktiv umzugehen. In der Forschung ist wenig darüber bekannt, wie genau klimawandelbezogene Ängste wirken, d.h. wann die Angst motiviert und wann sie lähmt. Daher braucht es dringend mehr Forschung dazu, welche Potentiale oder Risiken katastrophale Szenarien in der Klimakommunikation haben. Coping-Mechanismen im Allgemeinen können sowohl problemorientiert (d.h. das Problem wird in seiner Ursache erkannt und bewältigt) als auch emotionsorientiert (d.h. die emotionale Reaktion auf das Problem steht im Fokus und wird bewältigt) sein. Im Umgang mit klimawandelbezogenen Ängsten scheint das Zurückerlangen von Kontrolle und eines Wirksamkeitsgefühls – also dem Gefühl und der Überzeugung, etwas gegen das Problem zu tun – jedoch besonders relevant zu sein. Über die Emotionen zu sprechen, die Gefühle zu benennen ist wichtig, um emotionale Kontrolle wieder zu erlangen und auch mit anderen Menschen gemeinsam zu realisieren, dass diese Emotionen berechtigt sind. Auf individueller Ebene kann Achtsamkeit helfen, sich auf den Moment zu konzentrieren und überwältigende Gefühle zu regulieren. 

Im Kontext von klimawandelbezogenen Emotionen wird auch häufig auf das bedeutungsfokussierte Coping verwiesen. Dies bezieht sich auf eine Strategie, bei der Menschen sich auf den Sinn oder die Bedeutung einer belastenden Situation konzentrieren, um genau mit dieser umzugehen. Anstatt direkt das Problem zu lösen oder ihre Emotionen zu regulieren, suchen sie nach positiven Aspekten, Wachstum oder einem tieferen Verständnis der Situation. Das Ziel ist es, eine neue Perspektive zu gewinnen und der Erfahrung einen Sinn zu geben, was helfen kann, die Belastung zu verringern und emotionales Wohlbefinden zu fördern. Ein Beispiel wäre, Sinn im Engagement gegen den Klimawandel an sich zu finden oder persönliche Werte stärker bewusst zu machen und diese dann als Anstoß zu nehmen, das eigene Verhalten klimafreundlicher zu gestalten. Beim Klimawandel ist jedoch genau das individuelle Handeln häufig unzureichend und führt zu Frustration. Deshalb ist das Erleben kollektiver Wirksamkeit entscheidend, um Wohlbefinden wiederherzustellen und positive Gefühle zu entwickeln, sowie weiteres effektives Engagement zu fördern. Das aktive und kollektive Engagement für Umwelt- und Klimaschutzprojekte bietet eine Möglichkeit, Ohnmachtsgefühle in wirksames Handeln umzuwandeln. Hier findet häufig eine Kombination von emotionaler Verarbeitung und aktivem Handeln statt, das Menschen stärken und motivieren kann, sich den Herausforderungen des Klimawandels zu stellen.

Schutzmechanismen: Klimawandelleugnung und Optimismus

Durch die Mobilisierung der Klimabewegung hat die Thematik in den vergangenen Jahren deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen, in diesem Zuge sind auch die bisher beschriebenen Emotionen mehr in den Fokus gerückt. Warum hat gleichzeitig der Anteil derjenigen zugenommen, die den Klimawandel leugnen? Das Leugnen oder Herunterspielen der Klimakrise kann als psychologischer Schutzmechanismus betrachtet werden, der Menschen zumindest kurzfristig hilft, mit der emotionalen Überforderung und Angst im Angesicht des Klimawandels umzugehen.[16]

Leugnen oder Herunterspielen der Klimakrise kann als psychologischer Schutzmechanismus betrachtet werden, der Menschen zumindest kurzfristig hilft, mit der emotionalen Überforderung und Angst im Angesicht des Klimawandels umzugehen.

Als selbstwertstabilisierende Abwehrstrategien schützen sie dadurch das eigene Wohlbefinden. Indem die Realität der Klimawandel verleugnet oder ihre Dringlichkeit heruntergespielt wird, können Menschen das Gefühl der Machtlosigkeit und die damit verbundenen negativen Emotionen kurzfristig vermeiden. Befunde zeigen, dass Menschen dann eher den Klimawandel leugnen, wenn sie ihre eigene wirtschaftliche Zukunft als unsicher erleben, oder eine starke Abhängigkeit von den aktuellen fossil basierten Strukturen besteht.[17] Dieser Mechanismus der Leugnung verhindert jedoch eine angemessene Auseinandersetzung mit der Problematik und kann langfristig dazu führen, dass notwendige Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise nicht ergriffen werden, was die Situation sowohl individuell als auch kollektiv weiter verschärft.

Optimismus und damit verbundenen positive Gefühle können in bestimmten Fällen als eine subtile Form der Leugnung betrachtet werden, insbesondere, wenn er dazu führt, die Ernsthaftigkeit oder Dringlichkeit der Klimakrise zu unterschätzen

Auch Optimismus und damit verbundenen positive Gefühle können in bestimmten Fällen als eine subtile Form der Leugnung betrachtet werden, insbesondere, wenn er dazu führt, die Ernsthaftigkeit oder Dringlichkeit der Klimakrise zu unterschätzen. Unrealistischer Optimismus kann dazu führen, dass Menschen glauben, die Klimakrise werde quasi von selbst gelöst, ohne dass tiefgreifende Veränderungen notwendig sind, oder dass technologische Innovationen rechtzeitig vorhanden sein werden, um die Ursachen effektiv zu bekämpfen. Während Optimismus auch als Motivationsquelle dienen kann, wird er zum Problem, wenn er als eine Art psychologische Abwehrstrategie eingesetzt wird, um sich der Realität und den notwendigen Maßnahmen zu entziehen. Studien zeigen, dass unrealistischer Optimismus Menschen dazu verleiten kann, Risiken zu unterschätzen und erforderliche Handlungen zu verschieben.[18] Diese „optimistische Brille“ (in der Psychologie auch häufig optimistischer Fehlschluss oder „Bias“ genannt) ist gut dokumentiert und bezieht sich darauf, dass Menschen oft glauben, dass sie selbst oder die Gesellschaft insgesamt weniger von negativen Ereignissen betroffen sein werden, als andere. In Bezug auf den Klimawandel kann dies bedeuten, dass jemand zwar die Existenz der Krise anerkennt, aber davon ausgeht, dass die Auswirkungen weit in der Zukunft liegen oder weniger schwerwiegend (für die Person selbst) sind, als Wissenschaftler*innen vorhersagen.[19] Im Ergebnis führen Leugnung oder unrealistischer Optimismus dazu, dass sofortig notwendige Maßnahmen hinausgezögert werden. Besonders herausfordernd werden diese Phänomene auch deshalb, weil sie sich in Diskursen verfestigen und teilweise sogar strategisch genutzt werden, um die Transformation zu verzögern.[20]

Gefühle sichtbar machen und nutzen, um zum Handeln zu kommen

Der Klimawandel bleibt eine überwältigende und globale Herausforderung. Zu verstehen und zu empfinden, dass man selbst einen Unterschied machen kann, ist eine schwierige Aufgabe, die nicht immer gleich gut gelingen wird. Um wirklich aktiv zu werden, braucht es Gruppen, Kontexte und Strukturen, die das persönliche Engagement einfordern und auch positiv unterstützen.[21] Es bedarf unterstützender Maßnahmen und Bedingungen für Individuen, die es leichter machen, sich auch tatsächlich klimawandelschützend verhalten zu können. Dazu gehört einerseits die Implementierung von wirksamen politischen Maßnahmen für den Klimaschutz und die Schaffung von konkreten Infrastrukturen.[22] Andererseits aber auch eine Veränderung, wie wir über die Ursachen und Folgen des Klimawandels sprechen. Presse und Medien sollten etwa nicht nur über die Probleme berichten und das Ohnmachtsgefühl verstärken, sondern auch konkrete Wege aufzeigen, wie Einzelne und Gemeinschaften wirksam handeln können.[23] Nur so kann die Kluft zwischen erlebten Emotionen und tatsächlichem Handeln überwunden werden.[24] 

Außerdem bedarf es eines umfassenden Präventionsprogramms für negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Gesellschaft.[25] Dazu gehört zum Beispiel, dass mehr Menschen im Gesundheitswesen notwendig sind, die sich mit der Thematik auskennen und kompetent im Umgang mit den psychischen Auswirkungen der Klimakrise sind. Es bedarf einer personellen und strukturellen Anpassung von Notfallversorgung (z.B. ein frühzeitiges Handeln zur Vermeidung von psychischen Langzeitfolgen) und der Partizipation von betroffenen Gruppen in politischen Entscheidungsprozessen zum Umgang mit der Klimakrise.

Die bisherigen Forschungsergebnisse zeigen, dass Gefühle eine wichtige Rolle dabei spielen, inwiefern Menschen überhaupt mit dem Klimawandel umgehen können, also wie stark sie die Bedrohung bereits wahrnehmen, inwiefern sie Möglichkeiten haben, mit diesen Gefühlen konstruktiv umzugehen oder was es genau braucht, um dies zu ermöglichen. Es ist wichtig, das vorhandene Wissen über klimawandelbezogene Emotionen zu kommunizieren und in der Praxis einzubeziehen. Dazu gehört, die Existenz von Klimagefühlen als angemessen und belastend anzuerkennen und (Selbst-)wirksamkeitserleben im Klimaschutz als Gegenmaßnahme auch strukturell zu fördern. Das heißt aber auch, es müssen solche Formen von Engagement und Aktivismus gefunden werden, die an den Ursachen des Problems tatsächlich etwas ändern können. Dafür ist es immer wieder notwendig, unbeschönigte Wissenschaftskommunikation und eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Lage zu betreiben – und gleichzeitig die Gesellschaft so zu verändern, dass effektiv etwas gegen den Klimawandel und für das Wohlbefinden der Menschen getan wird. Dies wiederum wirkt sich kurz- und langfristig positiv auf unsere Gefühle in Bezug auf den Klimawandel aus.

Über die Autorin

Portrait Josephine Tröger

Josephine Tröger

Lizensierung

Josephine Tröger (2024) Creative Commons-Lizenz CC BY 4.0.

  1. 1

    Vgl. Rüth, Petra/Schönthaler, Konstanze/von Andrian-Werburg, Stefan/Wolf, Mareike/Gabriel, Maximilian (2023): Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel, Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/monitoringbericht-2023.

  2. 2

    Vgl. BMWK (2023): Was uns die Folgen des Klimawandels kosten. https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/M-O/Merkblaetter/merkblatt-klimawandelfolgen-in-deutschland-zusammenfassung.pdf.

  3. 3

    Vgl. Kemp, Luke et al. (2022): „Climate Endgame: Exploring Catastrophic Climate Change Scenarios“, in: Proceedings of the National Academy of Sciences 119, 34, e2108146119. https://doi.org/10.1073/pnas.2108146119. Vgl. auch die deutsche Übersetzung im vorliegenden Band.

  4. 4

    Vgl. Pihkala, Panu (2019): Climate Anxiety, Helsinki: MIELI Mental Health Finland. http://hdl.handle.net/10138/307626, S. 1: „Climate anxiety is an aspect of the wider phenomenon of eco-anxiety: it encompasses challenging emotions, experienced to a significant degree, due to environmental issues and the threats they pose.“

  5. 5

    Siehe Schwartz, Sarah E. O./Benoit, Laelia/Clayton, Susan/Parnes, McKenna F./Swenson, Lance/Lowe, Sarah R. (2022): „Climate Change Anxiety and Mental Health: Environmental Activism as Buffer“, in: Current Psychology 42, 16708–16721. https://doi.org/10.1007/s12144-022-02735-6.

  6. 6

    Luthmann, Timo (2021): Politisch aktiv sein und bleiben. Handbuch nachhaltiger Aktivismus, 3. Aufl., Münster: Unrast.

  7. 7

    Bhullar, Navjot/Davis, Melissa/Kumar, Roselyn/Nunn, Patrick/Rickwood, Debra (2022): „Climate Anxiety Does Not Need a Diagnosis of a Mental Health Disorder“, in: The Lancet Planetary Health 6, 5, E383. https://doi.org/10.1016/S2542-5196(22)00072-9.

  8. 8

    Siehe die Übersichtsarbeit von Ojala, Maria/Cunsolo, Ashlee/Ogunbode, Charles A./Middleton, Jacqueline (2021): „Anxiety, Worry, and Grief in a Time of Environmental and Climate Crisis: A Narrative Review“, in: Annual Review of Environment and Resources 46, 1, S. 35–58. https://doi.org/10.1146/annurev-environ-012220-022716.

  9. 9

    Schwartz et al. (2022): (wie Anm. 5).

  10. 10

    Kleres, Jochen/Wettergren, Åsa (2017): „Fear, Hope, Anger, and Guilt in Climate Activism“, in: Social Movement Studies 16, 5, S. 507–519. https://doi.org/10.1080/14742837.2017.1344546.

  11. 11

    Wullenkord, Marlis C./Ojala, Maria (2023): „Climate-Change Worry Among Two Cohorts of Late Adolescents: Exploring Macro and Micro Worries, Coping, and Relations to Climate Engagement, Pessimism, and Well-Being“, in: Journal of Environmental Psychology 90, 102093. https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2023.102093.

  12. 12

    Für eine Übersicht zu vulnerablen Gruppen siehe Ojala et al. (2021) (wie Anm. 8).

  13. 13

    Eine bereits 2018 publizierte Studie verweist auf die deutlichen gesundheitlichen Effekte klimawandelbezogener Gefühle: Berry, Helen L./Waite, Thomas D./Dear, Keith B. G./Capon, Anthony G./Murray, Virginia (2018): „The Case for Systems Thinking about Climate Change and Mental Health“, in: Nature Climate Change 8, 4, S. 282–290. https://doi.org/10.1038/s41558-018-0102-4.

  14. 14

    Vgl. Hickman, Caroline/Marks, Elizabeth/Pihkala, Panu/Clayton, Susan/Lewandowski, R. Eric/Mayall, Elouise E./Wray, Britt/Mellor, Catriona/van Susteren, Lise (2021): „Climate Anxiety in Children and Young People and Their Beliefs About Government Responses to Climate Change: A Global Survey“, in: The Lancet Planetary Health 5, 12, E863-e873. https://doi.org/10.1016/S2542-5196(21)00278-3.

  15. 15

    Eine Überblicksarbeit zum Phänomen der Klimawandelleugnung und wichtigen Zusammenhängen mit Persönlichkeitsfaktoren findet sich bei Cipriani, Enrico/Frumento, Sergio/Gemignani, Angelo/Menicucci, Danilo (2024): „Personality Traits and Climate Change Denial, Concern, and Proactivity: A Systematic Review and Meta-Analysis“, in: Journal of Environmental Psychology 95, 102277. https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2024.102277.

  16. 16

    Wullenkord, Marlis Charlotte/Reese, Gerhard (2021): „Avoidance, Rationalization, and Denial: Defensive Self-Protection in the Face of Climate Change Negatively Predicts Pro-Environmental Behavior“, in: Journal of Environmental Psychology 77, 101683. https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2021.101683.

  17. 17

    Vgl. Lübke, Christiane (2022): „Socioeconomic Roots of Climate Change Denial and Uncertainty Among the European Population“, in: European Sociological Review 38, 1, S. 153–168. https://doi.org/10.1093/esr/jcab035.

  18. 18

    Vgl. Chambers, John R./Windschitl, Paul D. (2004): „Biases in Social Comparative Judgments: The Role of Nonmotivated Factors in Above-Average and Comparative-Optimism Effects“, in: Psychological Bulletin 130, 5, S. 813–838. https://doi.org/10.1037/0033-2909.130.5.813.

  19. 19

    Siehe z.B. den Beitrag von Leviston, Zoe/Uren, Hannah V. (2020): „Overestimating One’s ‚Green‘ Behavior: Better‐Than‐Average Bias May Function to Reduce Perceived Personal Threat from Climate Change“, in: Journal of Social Issues 76, 1, S. 70–85. https://doi.org/10.1111/josi.12365.

  20. 20

    Siehe hier eine Arbeit zu „Verzögerungstaktiken im Klimawandel-Diskurs“, in der auch Technologieoptimismus als ein problematischer Diskurs benannt wird: Lamb, William F./Mattioli, Giulio/Levi, Sebastian/Roberts, J. Timmons/Capstick, Stuart/Creutzig, Felix/Minx, Jan C./Müller-Hansen, Finn/Culhane, Trevor/Steinberger, Julia K. (2020): „Discourses of Climate Delay“, in: Global Sustainability 3, e317. https://doi.org/10.1017/sus.2020.13.

  21. 21

    Landmann, Helen/Rohmann, Anette (2020): „Being Moved by Protest: Collective Efficacy Beliefs and Injustice Appraisals Enhance Collective Action Intentions for Forest Protection via Positive and Negative Emotions“, in: Journal of Environmental Psychology 71, 101491. https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2020.101491; Hamann, Karen R. S./Reese, Gerhard (2020): „My Influence on the World (of Others): Goal Efficacy Beliefs and Efficacy Affect Predict Private, Public, and Activist Pro‐environmental Behavior“, in: Journal of Social Issues 76, 1, S. 35–53. https://doi.org/10.1111/josi.12369.

  22. 22

    Am Beispiel von Mobilität lässt sich das sehr gut verdeutlichen. Das Deutschlandticket ist ein sehr beliebtes und bislang auch erfolgreiches Instrument, um tatsächliches Verhalten zu verändern und leichte Verlagerungseffekte hin zu mehr klimafreundlicher Mobilität zu erzielen (vgl. Helferich, Marvin/Tröger, Josephine/Dütschke, Elisabeth [2024]: „Deutschlandticket – Impulsgeber für nachhaltige Mobilität?“, in: Internationales Verkehrswesen 76, 2, S. 30–36). Nichtsdestotrotz braucht es für Klimaschutz in der Mobilität deutlich stärkere Maßnahmen um Gewohnheiten zu durchbrechen und mehr Menschen aus der Automobilität in eine ressourcenleichtere Form der Mobilität zu bewegen (vgl. Helferich, Marvin/Tröger, Josephine/Dütschke, Elisabeth (2024): „The Role of Automobility Engagement for Car Use and Car Use Reduction Intentions in Germany“, in: Transportation Research Part F: Traffic Psychology and Behaviour 106, S. 199–214. https://doi.org/10.1016/j.trf.2024.08.002.

  23. 23

    Vgl. Meininger, Jessica/Ashour, Rima/Dohm, Lea (2023): Empfehlungen zur Berichterstattung über die Klimakrise aus psychologischer Perspektive, Bingen: Psychologists/Psychotherapists for Future e.V. https://medienleitfaden-klima.de/empfehlungen/.

  24. 24

    Vgl. hierzu auch Anm. 22 im Beitrag von Roloff et al. in diesem Band.

  25. 25

    Vgl. die Handlungsempfehlen für die Gesundheitsförderung in Gebhardt, Nadja/van Bronswijk, Katharina/Bunz, Maxie/Müller, Tobias/Niessen, Pia/Nikendei, Christoph (2023): „Scoping Review zu Klimawandel und psychischer Gesundheit in Deutschland – Direkte und indirekte Auswirkungen, vulnerable Gruppen, Resilienzfaktoren“, in: Journal of Health Monitoring 8, S4, S. 132–161, hier: S. 147–148. https://edoc.rki.de/handle/176904/11267.